Desaster > Journalisten + rechtliche Themen _

  • Wenn Journalisten nicht verstehen oder nicht verstehen wollen und deshalb etwas relativ Unwichtiges so aufblasen, dass Leser den Eindruck gewinnen, dass ein Thema allgemein viele tangiert.

    Worum geht es tatsächlich? Es geht um die Auslegung des § 34 des Verwertungsgesellschaftengesetzes und dort um die Formulierung: Die Verwertungsgesellschaft ist verpflichtet, aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte jedermann auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einzuräumen.

    So, jetzt verlangt A von der Verwertungsgesellschaft B Nutzungsrechte. B sagt: Kannste haben, wenn Du Vorkehrungen triffst, die I-Framing verhindern.

    Und darum wird sich beim BGH gestritten: Darf B das verlangen oder nicht?

    Jetzt sagt der BGH: Es könnte sein, dass die Verwertungsgesellschaft das verlangen kann.

    Voraussetzung:

    ...

    Das setzt allerdings voraus, dass eine unter Umgehung derartiger Schutzmaßnahmen im Wege des Framing erfolgende Einbettung der auf der Internetseite der Klägerin für alle Internetnutzer frei zugänglichen Vorschaubilder in eine andere Internetseite das Recht der Urheber zur öffentlichen Wiedergabe ihrer Werke verletzt.

    Ob in einem solchen Fall das Recht der öffentlichen Wiedergabe aus Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG verletzt ist, der durch § 15 Abs. 2 UrhG ins deutsche Recht umgesetzt wird, ist zweifelhaft und bedarf daher der Entscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union.

    ...


    Es geht also darum, was der BGH vom EuGH wissen will: Wenn nun ein (unbefugter) Dritter die beim Nutzungsrecht Fordernden eingestellten Bilder bei sich in einen Rahmen stellt, geht das dann gegen die Rechte des Urhebers.

    Meine bescheidene Meinung dazu: Klar, kann es gegen die umfassenden Rechte eines Urhebers gehen, die jedoch immer mehr eingeschränkt werden, ganz so, als würden für das Internet Sonderregeln gelten. Siehe G und die Bildervorschau.

    Es erschliesst sich mir nicht so richtig warum, schliesslich gibts ja bereits Urteile zum Framing, aber das will der BGH vorab geklärt haben, bevor er mit dem weitermacht, worum es eigentlich geht.

    Die FAZ hat den schon von der Pressestelle des BGH schlicht völlig falsch formulierten Leitsatz einfach übernommen. Das kann man machen, aber das sollte man als Journalist mit Verantwortung nicht machen, so man denn den Fehler erkennt.

    https://beispiel.rocks/www.faz.net/aktuell/feuillet...-16156860.html

    .....

    Die Veröffentlichung der Pressestelle des BGH:

    Nr. 054/2019 vom 25.04.2019 Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union zur Urheberrechtsverletzung durch Framing.

    Beschluss vom 25. April 2019 – I ZR 113/18 Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat darüber zu entscheiden, ob eine Verwertungsgesellschaft den Abschluss eines Vertrages über die Nutzung von Digitalisaten urheberrechtlich geschützter Werke im Internet davon abhängig machen darf, dass der Nutzer wirksame technische Maßnahmen gegen sogenanntes "Framing" ergreift, also gegen das Einbetten der auf dem Server dieses Nutzers gespeicherten und auf seiner Internetseite eingestellten Inhalte auf der Internetseite eines Dritten.

    Sachverhalt: Die Klägerin, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, ist Trägerin der Deutschen Digitalen Bibliothek. Diese bietet eine Online-Plattform für Kultur und Wissen an, die deutsche Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen miteinander vernetzt. Auf der Internetseite der Bibliothek sind über elektronische Verweise ("Links") digitalisierte Inhalte abrufbar, die in den Webportalen dieser Einrichtungen gespeichert sind. Die Bibliothek speichert Vorschaubilder dieser digitalisierten Inhalte. Einige dieser Inhalte, wie etwa Werke der bildenden Kunst, sind urheberrechtlich geschützt.

    Die Beklagte, die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst, nimmt die urheberrechtlichen Befugnisse der ihr angeschlossenen Urheber an Werken der bildenden Kunst wahr. Die Klägerin verlangt von der Beklagten den Abschluss eines Vertrags, der ihr das Recht zur Nutzung dieser Werke in Form von Vorschaubildern einräumt. Die Beklagte macht den Abschluss eines solchen Nutzungsvertrags von der Aufnahme folgender Bestimmung in den Vertrag abhängig: "Die Lizenznehmerin verpflichtet sich, bei der Nutzung der vertragsgegenständlichen Werke und Schutzgegenstände wirksame technische Maßnahmen zum Schutz dieser Werke oder Schutzgegenstände gegen Framing anzuwenden."

    Die Klägerin lehnt eine solche Vertragsbestimmung ab und hat mit ihrer Klage die Feststellung beantragt, dass die Beklagte zum Abschluss eines Nutzungsvertrages ohne diese Regelung verpflichtet ist. Bisheriger Prozessverlauf: Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Verpflichtung der Beklagten zum Abschluss eines Nutzungsvertrags ohne diese Klausel festgestellt.

    Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

    Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage zur Auslegung der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft vorgelegt, ob die Einbettung eines mit Einwilligung des Rechtsinhabers auf einer frei zugänglichen Internetseite verfügbaren Werks in die Internetseite eines Dritten im Wege des Framing eine öffentliche Wiedergabe des Werks im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG darstellt, wenn sie unter Umgehung von Schutzmaßnahmen gegen Framing erfolgt, die der Rechtsinhaber getroffen oder veranlasst hat. Die Beklagte ist als Verwertungsgesellschaft nach § 34 Abs. 1 Satz 1 des Verwertungsgesellschaftengesetzes zwar verpflichtet, aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte jedermann auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einzuräumen.

    Die Beklagte ist allerdings auch verpflichtet, dabei die Rechte der ihr angeschlossenen Urheber wahrzunehmen und durchzusetzen.

    Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs könnte die Beklagte daher möglicherweise verlangen, dass der mit der Klägerin zu schließende Nutzungsvertrag die Klägerin zur Anwendung von technischen Schutzmaßnahmen gegen Framing verpflichtet.

    Das setzt allerdings voraus, dass eine unter Umgehung derartiger Schutzmaßnahmen im Wege des Framing erfolgende Einbettung der auf der Internetseite der Klägerin für alle Internetnutzer frei zugänglichen Vorschaubilder in eine andere Internetseite das Recht der Urheber zur öffentlichen Wiedergabe ihrer Werke verletzt. Ob in einem solchen Fall das Recht der öffentlichen Wiedergabe aus Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG verletzt ist, der durch § 15 Abs. 2 UrhG ins deutsche Recht umgesetzt wird, ist zweifelhaft und bedarf daher der Entscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union.

    Beschluss vom 25. April 2019 - I ZR 113/18 - Deutsche Digitale Bibliothek Vorinstanzen: LG Berlin - Urteil vom 25. Juli 2017 - 15 O 251/16 Kammergericht - Urteil vom 18. Juni 2018 - 24 U 146/17 - GRUR 2018, 1055

    Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

    Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den Urhebern das ausschließliche Recht zusteht, die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe ihrer Werke einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung der Werke in der Weise, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind, zu erlauben oder zu verbieten.

    § 15 Abs. 2 Satz 1 UrhG Der Urheber hat ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe). § 34 Abs. 1 VGG Die Verwertungsgesellschaft ist verpflichtet, aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte jedermann auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einzuräumen. Die Bedingungen müssen insbesondere objektiv und nichtdiskriminierend sein und eine angemessene Vergütung vorsehen.

    Karlsruhe, den 25. April 2019

    „Arme Kinder sind genauso schlau und so talentiert wie weiße Kinder.“ :thumbup:

    US-Präsident Biden 2019 in einer Rede in Iowa,

  • Ja es geht da nicht um diese ominösen Vorschaubilder und dennoch betrifft es alle Urheber, europaweit. Dich, mich, Synonym, Alex ... Denn am Ende geht es nur ums Geld, ist es Deines oder das des anderen, der es mit Deinen Werken verdient?!

    Die Basis für den ganzen Mist ist ein völlig abstruses Urteil des EuGH aus 2014, nach dem Framing keine Urheberrechtsverletzung ist, weil kein neuer Kundenkreis erreicht wird. Veröffentlichst Du etwas im Netz, ist es erst einmal an alle Internet-User weltweit gerichtet. Bettet nun jemand anderes Dein geschütztes Material in seine Seite ein, erreicht er damit kein neues Publikum, sondern lediglich ebenfalls alle Internet-User weltweit.

    Mal ganz platt formuliert: Veröffentlichst Du Dein geschütztes Material, gibst Du damit Deine Urheberrechte fürs Internet am Server ab.

    https://beispiel.rocks/dejure.org/dienste/vernetzun...hen=C-348%2F13

    Darauf wiederum baut nun die Forderung der VG Bild und Kunst auf, ein Framing zu verhindern, denn alle geframten Kopien wären von der Veröffentlichung an keine Urheberrechtsverletzungen mehr sondern laut EuGH ganz legal und der Urheber würde kein Geld mehr für seine Arbeit sehen. Zwangsenteignung quasi.

    Die preußische wehrt sich dagegen, weil es technisch zu 100 Prozent kaum zu vermeiden ist, dass auf irgendeine Weise der Content woanders eingebettet wird.

    Sackgasse. Einzige Lösung: Der EuGH rudert mal endlich zurück und überdenkt sein weltfremdes Urteil aus 2014.

    Er war Jurist und auch sonst von mäßigem Verstand.

    (Volker Pispers)

  • Jo Margin, ich kenne dieses unsägliche Urteil des EuGH, wir hatten ja hier darüber gesprochen. Das war so eine Entscheidung: Von vorne über den Rücken von hinten ins Ohr. Juristische Hochseilargumentation.

    Hier geht es aber darum, ob diese Verwertungsgesellschaft der Verwertung unter Bedingungen zulassen kann, allein, weil schon die Gefahr besteht.

    Wenn ich richtig informiert bin, können dem EuGH, wie in Deutschland dem BGH, nur konkret anstehende Fälle zur Beurteilung vorgelegt werden.

    Die Frage an den EuGH hätte nach meiner Meinung lauten müssen: Verwertungsgesellschaft B verweigert einem A einen Verwertungsvertrag, solange der nicht...... Darf diese Gesellschaft das?

    Und wenn ich die Pressemitteilung des BGH richtig verstanden habe, wird dem EuGH genau die allgemeine Fragestellung, und nur die, zur Beantwortung vorgelegt, die ja 2014 bereits beantwortet wurde. Nur; darum geht es hier aber nicht, weil wir hier eine andere Rechteverteilung haben und die Verwertungsgesellschaft eine gewisse Verantwortung gegenüber ihren Kunden hat, die in diesem Fall heisst, Verwertungsverträge so abzuschliessen, dass die Rechte, die ein Urheber abgetreten hat, so wenig als möglich tangiert werden.

    Es könnte, nach meinem Verständnis, also sein, dass der EuGH das Ding an den BGH zurückgibt, weil kein konkreter Fall zu beurteilen ist oder aber sagt: "Gut, wir befassen uns damit, dann aber auch Grundlage des konkreten Streits und dann könnte eine Entscheidung in dieser Einzelfallbetrachtung ganz anders aussehen, als die Entscheidung 2014 und nicht allgemein übertragbar sein, weil sie sich auf diese Dreieckskonstellation bezieht, bei der natürlich auch die vertraglichen Konstellationen zwischen Verwertungsgesellschaft und Autor zu berücksichtigen sind. Wenn dieser Vertrag es nicht zulässt, ist das eine ganz andere Konstellation, als wenn ein Urheber etwas selbst veranlasst. Wäre sie allgemein übertragbar, bräuchte der BGH die Fragestellung dem EuGH nicht erneut vorlegen. Insofern sehe ich das, was der BGH da macht, auch ein wenig als ein Abducken vor der Verantwortung.

    Was mich an diesen Pressefritzen stört ist halt, dass sie entweder nicht verstehen oder ganz einfach nicht verstehen wollen, sich überlegen, wie sie eine solche Pressemitteilung des BGH per Angstmache möglichst breitflächig unters Volk bringen können. Wenn sie nicht näher darauf eingehen wollen, sollen sie es ganz einfach lassen.

    ....

    Die Entscheidung des EuGH von 2014 enthält folgenden Passus:

    2. Stellt ein Dritter ein geschütztes Werk, das bereits auf einer anderen Website frei öffentlich wiedergegeben wurde, mittels eines Internetlinks auf einer Website ein, ist eine solche Wiedergabehandlung, da sie sich desselben technischen Verfahrens bedient, das schon für die Wiedergabe des Werkes auf einer anderen Website verwendet wurde, nur dann als "öffentliche Wiedergabe" im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 einzustufen, wenn die Handlung gegenüber einem neuen Publikum erfolgt (vgl. EuGH, Urteil vom 13.02.2014 - C-466/12, MIR 2014, Dok. 022 - Svensson u.a., Rn. 24). Ist dies nicht der Fall, insbesondere weil das Werk bereits auf einer anderen Website mit Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber für alle Internetnutzer frei zugänglich ist, kann die betreffende Handlung nicht als "öffentliche Wiedergabe" im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 eingestuft werden (vgl. EuGH, Urteil vom 13.02.2014 - C-466/12, MIR 2014, Dok. 022 - Svensson u.a., Rn. 25 bis 28).

    ....

    Zu beachten ist hier der letzte Satz:

    >> Ist dies nicht der Fall, insbesondere weil das Werk bereits auf einer anderen Website mit Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber für alle Internetnutzer frei zugänglich ist ...

    ... mit Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers.

    Es stellt sich die Frage: Kann die Verwertungsgesellschaft diese Erlaubnis stellvertretend für den Urheber erteilen oder kann sie diese Erlaubnis von irgendetwas abhängig machen?

    Ich persönlich würde zu Letzterem tendieren.

    „Arme Kinder sind genauso schlau und so talentiert wie weiße Kinder.“ :thumbup:

    US-Präsident Biden 2019 in einer Rede in Iowa,

  • Ich denke eher, da hat ein Azubi den elenden Job, Pressemitteilungen zu kopieren. Nichts weiter. Steht auch kein Autor dran und auch sonst nichts weiter.

    Sehe ich auch so, dass der BGH sich hier wegduckt, weil vermutlich die BGH-Entscheidung nach deutschem Recht mit dem Beschluss des EuGH von 2014 kollidieren würde. Ich sehe darin indirekt eine Aufforderung, mal über den Mist nachzudenken, der da verzapft wurde.

    Er war Jurist und auch sonst von mäßigem Verstand.

    (Volker Pispers)

  • Jo.

    Dieses Urteil des EuGH von 2014 zeigt welche unglaubliche Fantasie Juristen entwickeln können. In der Rechtsecke, im Alltag sind die meisten Juristen die grössten Langweiler die man sich vorstellen kann. Jurastudenten haben meist, wenn sie unter sich sind oder sich ein weiterer Jurastudent in einer Gruppe befindet, kein anderes Thema, als halt Jura. Ich hatte mal bei einen Konzert zwei neben mir, in all dem Lärm wehte, von einem der Zwei kommend "Drittschuldnererklärung" herüber. "Das darf doch nicht wahr sein" dachte ich, "Die gehen zu einem Konzert und haben kein anderes Thema als ihr Scheiss Studium".

    „Arme Kinder sind genauso schlau und so talentiert wie weiße Kinder.“ :thumbup:

    US-Präsident Biden 2019 in einer Rede in Iowa,