Verbraucherschützer gehen gegen Googles "toten Briefkasten" vor

  • Ich habs mir jetzt mal nochmal angesehen Wabse.

    Vereinfacht:

    Regel ist: Es muss "normalerweise" eine Emailadresse und eine Telefonnummer angegeben werden. Soweit, so gut. Zu dieser Regelung gibt es gesetzlich keine weiteren Bestimmungen, also nix mit "Es muss jemand ans Telefon gehen oder es muss auch Emailanfragen geantwortet werden".

    So irgendwann ist so ein Ding mal vor dem Europäischen Gerichtshof gelandet und der hat dann gesagt, dass eine Telefonnummer nicht sein muss, wenn neben einer normalen Emailadresse noch ein Kontaktformular vorhanden ist. Dann muss aber gewährleistet sein, dass bei Kontaktierungen über dieses Kontaktformular innerhalb von 60 Minuten geantwortet wird.

    Hier die Formulierung:

    >> “Es trifft zu, dass eine elektronische Anfragemaske als unmittelbarer und effizienter Kommunikationsweg im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie angesehen werden kann, wenn der Diensteanbieter, wie sich im Ausgangsverfahren aus den Akten ergibt, auf Anfragen der Verbraucher innerhalb von 30 bis 60 Minuten antwortet.”

    Also: Telefon ist immer ein "unmittelbarer und effizienter" Kommunikationsweg, ein Anfrageformular nur dann, wenn auf eine Emailanfrage innerhalb von 60 Minuten geantwortet wird. Im Umkehrschluss: Ist dies nicht gewährleistet, ersetzt die Anfragemaske nicht das Telefon.

    Jetzt frag mich nicht, wie die Richter vom europäischen Gerichtshof zu dieser Auslegung kamen. Das wissen die möglicherweise auch nicht so genau. Man kann es vereinfachend einfach als Meinungsäusserung des Gerichts sehen, sie sehen es nunmal so und deshalb haben sie halt so geurteilt, obwohl es nicht wirklich logisch nachvollziehbar ist. Diese 60 Minuten sind einfach mehr oder weniger willkürlich gewählt, es hätten auch 5, 50, 500 oder 5000 Minuten sein können.

    So, und in diesem beim LG-Bamberg anhängigen Verfahren hatten Beklagten lediglich ne Emailadresse angegegen und das ist nunmal ein Verstoss gegen § 5 TMG. Und wenn ich das richtig sehe, ist auch schon das Unterlassungsverlangen, das dann vom LG-Bamberg bestätigt wurde falsch formuliert. Aber egal, es wurde nicht gerügt und dann auch noch vom Landgericht dort bestätigt. Der Verfügungsantrag hätte lauten müssen: Es zu unterlassen ein Impressum zur Verfügung zu stellen, in dem ein "unmittelbare und effiziente" Kontaktmöglichkeit fehlt. Ob das nun eine Telefonnummer ist oder ein zweites Kontaktformular ist, tut überhaupt nichts zur Sache. Es ist nicht Sache des Abmahnenden dem Abgemahnten vorzuschreiben wie er abzustellen hat, sondern WAS er abzustellen hat.

    Auf alle Fälle ist in der geforderten Unterlassungerklärung noch von einer "Kommunikationsmöglichkeit" und "60 Minuten" die Sprache, selbiges auch noch in der Tatbestandsschilderung im Urteil, in der Urteilsbegründung ist dann allerdings nur noch die Sprache davon, dass "eine Möglichkeit der unmittelbaren und effizienten" Kontaktmöglichkeit fehlt.

    So wabse, und das sind wir an der Stelle, wo es mir geht wie Dir. Das Urteil ist zu nix zu gebrauchen, irgendwie hab ich den Eindruck, dass da auf allen Seiten "Schildas" Juristen am Werk waren. Viel Wind also um nichts, denn ich kann mir kaum vorstellen, dass irgendein Gericht so ein wirres Urteil als Argumentationsgrundlage nutzen würde.

    Viel Wind um nichts, die, nach meiner Meinung auch dieser Martin Rätze in dieser Webseite shopbetreiber-blog.de macht. Keine Ahnung wer das ist, aber er erscheint mir nicht so wirlich kompetent.

    So, jetzt lang es mir mal mit den langen Texten b.a.W.

    „Arme Kinder sind genauso schlau und so talentiert wie weiße Kinder.“ :thumbup:

    US-Präsident Biden 2019 in einer Rede in Iowa,

  • Wobei ich mich ja immer wieder frage: Weshalb sollte ein Onlineshopbetreiber oder Dienstleister Interesse daran haben, den Kunden die Kontaktaufnahme zu erschweren? - Das ist doch in seinem ureigensten Interesse.

    Es dauert meist länger für den Kunden eine email zu schreiben. Ich muß sie lesen, verstehen, hoffen das ich das richtig verstanden habe und eine Antwort schreiben. Und die Anword ist dann auch archivierbar und bindet mich an das geschriebene.
    Wenn ich dem Kunden aber am Telefon sage, das das 5fuffzich kostet und dann kostet es letztendlich 6fuffzich, dann kann ich immer noch sagen, er hätte da was falsch verstanden. Ausserdem geht es definitiv schneller.
    Und: Ich kann dem Kunden was ganz anderes oder mehr aufschwatzen. Das geht per mail wesentlich schwerer.

    Es hat also eher Vorteile, die Telefonnummer, als die emailadresse zu favorisieren. Am besten natürlich beides.

    Aber wieso da nun einer seinen Mitbewerber abmahnen kann, weil der freiwillig drauf verzichtet gut erreichbar zu sein, verstehe ich nicht so recht.

    Wer zuerst "Datenschutz" sagt, hat verloren.

  • So eine Telefonnummer kann aber auch nervend sein, wenn das Tel dann ständig klingelt und man den Leuten immer wieder das gleiche sagen muss. Schnell anrufen und mal dumm fragen ist halt auch schneller, als auf der Webseite mal selbst was zu lesen. Emails kann man da besser behandeln, verschieben, liegen lassen, ignorieren.

    Wie oft hier einen anruft, dass ich was ändern soll. Könnten die selbst, nur zu faul die Zugangsdaten zu suchen. Da lassen die dann lieber mich suchen und mich das ändern.

    Die 60 Minuten. Schlechter Scherz sage ich dazu, mehr nicht. Denen sollte man mal ne Mail schreiben und die Zeit stoppen, wann eine Antwort kommt!

    Wenn ein Mensch nicht um dich kämpft, hat er nur gewartet, dass du gehst. ;(

  • Die 60 Minuten sind ja nun richtig Quatsch. Ich habe es mir jetzt nicht durchgelesen, oder steht da 60 Minuten während der Geschäftszeiten?

    Auch am Telefon bin ich nicht ständig erreichbar, gelten da auch die 60 Minuten, wenn mir jemand den AB zutextet?

    Die Rechtsprechung ist absolut praxisfern.

    @Syno, musst so ein "Möchten Sie Bananen" Menü vorschalten. Hab ich bei der Telekom schon mal den Hörer entnervt in die Ecke geschmissen.

    Frei nach Dieter Nuhr
    Das Internet ist zum Lebensraum der Dauerbeleidigten geworden, die immer einen Grund finden, anderen irgendetwas vorzuwerfen, um sich selbst moralisch zu erhöhen.

  • Ja, danke. Das habe ich bei Vodafone oder war das T-Mobile??. Da kommt immer die Ansage "Bitte wählen Sie", aber keine Auswahl, was man wählen könnte. Oder Ikea. Das erste was man da sagen muss ist der Ort. Würzburg... Meinten Sie xy.. Nein, Würzburg... Habe sie nicht verstanden, meinten Sie... Nein! Würzburg. Ok, sie wählten Würzburg. Was kann ich für Sie tun? Bitte wählen Sie.

    Wenn ein Mensch nicht um dich kämpft, hat er nur gewartet, dass du gehst. ;(

  • Jungs, macht Euch doch nicht verrückt wegen dieser 60 Minuten.

    Wo kommen die überhaupt her und welche rechtliche Wirkung entfalten sie?

    Ursprung dieser 60 Minuten ist diese Firma, die sich vor dem EuGH verantworten musste. Die hatten ja wie gesagt keine Telefonnummer angegeben, sondern ne normale eMailadresse und ne Anfragemaske. Das Ding war beim BGH gelandet und der hatte es an den EuGH zur Entscheidung weitergeleitet.

    So, und wie ich schonmal geschrieben hab ist alles immer eine Entscheidung und Betrachtung im Einzelfall, ein Gericht hat also immer den konkreten Einzelfall zu berurteilen, also auch der EuGH. Die Jungs hatten beim EuGH damit argumentiert, dasse ja ein Anfrageformular im Impressum hatten und auf Anfragen innerhalb von 30 bis 60 Minuten antworten würden. Das war auch anscheinend unstrittig und der EuGH hat dann gesagt: Jo, diese 30 bis 60 Minuten sind ausreichend, um den Vorgaben einer direkten Erreichbarkeit zu genügen.

    NICHT gesagt hat der EuGH, dass er diese 60 Minuten als Obergrenze ansieht.

    Hätte der EuGH z. B. in seiner Urteilsbegründung so formuliert "30 bis 60 Minuten Antwortzeit sind ausreichend, weil der Senat davon ausgeht, dass eine Antwortzeit von 24 Stunden (oder 48 Stunden oder was auch immer) noch ausreichend ist, um den Vorgaben einer korrekten Erreichbarkeit zu genügen, wären diese diese 60 Minuten vom Tisch. Das hatter aber nicht gemacht, sondern lediglich diesen ihm vorliegenden Einzelfall beurteilt.

    Das Einzige, was die EuGH Entscheidung also hergibt ist die Feststellung: 60 Minuten Antwortzeit auf ne Emailanfrage über das Formular ist auf alle Fälle genügend, also kann das Forumlar die Telefonnumer ersetzen. Möglicherweise ist der EuGH aber intern der Meinung, dass auch viel längere Zeiträume noch genügend sind. Das hatte er aber in diesem konkreten Einzelfall nicht zu beurteilen.

    Wenn jetzt also einer, sich auf die EuGH Entscheidung berufend, es genauso macht, keine Telefonnummer, dafür aber neben der normalen Emailadresse eine Anfragemaske und dann argumentiert, dasser innerhalb von 24 Stunden (oder 48 oder was auch immer) auf Anfragen reagiert, kann sich kein Gericht der Welt auf die EuGH-Entscheidung berufen, weil der EuGH sich zur Maximumzeit, innerhalb derer geantwortet werden muss, gar nicht geäussert hat. Ebenso kann jemand, der erst innerhalb von z. B. zwei Tagen auf Anfragen antwortet so argumentieren: Der EuGH hat in diesem Einzelfall lediglich bestätigt, dasser deren Antwortzeit von 30 bis 60 Minuten für ausreichend hält, vielleicht hält er ja meine 48 Stunden auch noch für ausreichend. Fragen wir ihn halt mal und legen ihm die Sache zur Entscheidung vor.

    Das erste was ich dachte, als ich von dieser EuGH Entscheidung hörte war: Was für ein Unsinn, da hätte der EuGH ja gleich sagen können, dass eine Emailadresse im Impressung genügt, wenn innerhalb von einem Zeitraum X geantwortet wird. Das war aber nicht zu entscheiden, weil in diesem Einzelfall nunmal die Konstellation so war, dass die ne normale Emailadresse drin hatten und zusätzlich ne Anfragemaske, also könnte der EuGH nur sagen: So wie die es handhaben ist es für uns zulässig.

    Die Frage, ob auch lediglich eine normale Emailadresse in der Anbieterkennung genügt, wenn sichergestellt ist, dass in einem Zeitraum X geantwortet wird, müsste dann wieder entweder vom BGH oder dem EuGH in einem anderen konkret vorliegenden Sachverhalt geklärt werden.

    Im Übrigen ist bei dieser EuGH Entscheidung völlig untergegangen, dass der EuGH zwar gesagt hat: In diesem Fall genügen Emailadresse und Anfragemaske, das aber dahingehend eingeschränkt hat, dass einem Verbraucher die Telefonnummer des Anbieters bekanntgegeben werden muss, wenn dieser Verbraucher auf irgendeinem Grund nicht auf das Internet zugeifen kann. Wie das allerdings gehen soll, wenn der Verbraucher nicht mehr auf das Internet und somit die Anfragemaske zugreifen kann, liess der EuGH offen.

    So also kamen diese 60 Minuten in die ganze Diskussion und es ist wie bei dem Spiel "Stille Post", wenn die Kette lang genug ist und jeder seinen (unqualifizierten) Senf dazugibt, kommt am Ende oft das Gegenteil von dem raus, was vorne gesendet wurde. Und so wurde hier aus einem "Das ist so in Ordnung" ein "So muss es sein". Was natürlich völliger Humbug ist.

    Und es ist nicht nur so, dass in Deutschland die Gesetzgebung immer schlechter (weil undurchdachter) wird, das gilt auch für die Rechtsprechung bis hoch zum BGH, was aber auch an den oft von Lobbyisten geprägten EU-Richtlinien liegt, die dann von den einzelnen Staaten umzusetzen sind.

    Und so kann denn auch gesagt werden, dass die "Rechtsprechung" zu diesem Thema in D nicht gerade durch Kompetenz glänzt.

    Beispiel: Das jüngste Urteil des Landgericht Bamberg v. November des vorigen Jahres.

    Wer es sich antun will, hier das Urteil im Volltext:

    *** Link veraltet ***

    Kurz, das Urteil ist ebenfalls zu nichts zu gebrauchen, völlig an der Sache vorbei, es widerspricht sogar der Entscheidung des EuGH. Das einzige was aus der bisherigen "Rechtsfindung'" in dem Urteil noch vorhanden ist, sind diese '"60 Minuten" , die, wie wir ja aus obiger Einführung wissen, lediglich ein Massstab nach unten sein können. Das LG Bamberg macht jedoch daraus sowas wie ein Dogma.

    ....

    Aus der Tatbestandsschilderung:

    Ferner geben die Verfügungsbeklagten unter dem Reiter "Rechtliche Informationen des Anbieters" lediglich deren Anschrift und eine E-mail-Adresse an. Ein Kommunikationsweg, auch welchem innerhalb von 60 Minuten Anfragen des Verbrauchers beantwortet werden können, wird nicht gegeben.

    Aus der Urteilsbegründung:

    Die Verfügungsbeklagten geben im Impressum nur eine postalische Erreichbarkeit und eine E-mail-Adresse an. Es wurde von ihnen als Verantwortliche des Telemedienauftritts allerdings unterlassen, eine Möglichkeit anzugeben, mit der eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und eine unmittelbare Kommunikation möglich ist.

    ....

    Die Frage, ob auf Mailanfragen innerhalb eines Zeitraums X geantwortet wird, wurde erst gar nicht erörtert, sondern das Anfrageformular, im Gegensatz zum EuGH, von vorneherein als nicht geeignet angesehen. Also, back to the roots: Emailadresse und Telefonnummer, jetzt nur mit der Erweiterung, dass diese die Möglichkeit bieten müssen, dass innerhalb von 60 Minuten geantwortet werden kann, wobei dies ja nichtmal halbwegs spezifiziert wurde. Welches Medium (Emaladresse, Fax, Formular, Telefon) kann das zu 100% erfüllen, was das LG Bamberg da fordert? KEINES! Auch dieses Urteil also: Als Grundlage einer nachvollziehbaren Argumentation völlig ungeeignet. Wiederum viel Wind um nichts.

    ....

    Jungs, macht Euch also nicht verrückt. Dieses Bamberger Urteil ist bei Juristen wahrscheinlich schon lange als unbrauchbar abgehackt. Und gäbe es im Internet nicht diese ganzen Wichtigtuer und Angstmacher, von denen jeder meint seinen Senf dazugeben zu müssen, wäre es wahrscheinlich schon lange gegessen.

    Wer auf der sicheren Seite sein will: Emailadresse und Telefonnummer. Dann braucht sich auch keiner mehr Gedanken drum zu machen, ob er wann für wen innerhalb von welchem Zeitraums erreichbar sein muss. Ich hab (aus guten Gründen) nen Anruferbeantworter laufen. Somit bin ich also unmittelbar (bis heute nicht wirklich definiert!) erreichbar. Und 95% der Anrufer legen sowieso beim Einschalten des Geräts sofort wieder auf. Ausserdem: Ich könnte ja neben dem Anrufbeantworter sitzen und sofort abheben, wenn ich denn weiss wer dran ist.

    UFF.

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    US-Präsident Biden 2019 in einer Rede in Iowa,

  • Tscha Alex, manche Sachen lassen sich halt nicht in zwei, drei Sätze darstellen. Das gilt umsomehr für diesen ganzen Juristenscheiss.

    „Arme Kinder sind genauso schlau und so talentiert wie weiße Kinder.“ :thumbup:

    US-Präsident Biden 2019 in einer Rede in Iowa,

  • Da is bei mir grad ne Mail reingekommen, offenbar hat die Göre (wenns denn nicht tatsächlich ein erwachsener Mensch sein sollte) wirklich ein ernsthaftes Anliegen, is aber unfähig das verständlich rüberzubringen. Absender: "mollymaus@, Name C. Schm., der Text: Irgendein Gelabber, das für mich keinen Sinn ergibt. Wär ja noch schöner, wenn ich jetzt auf einen solchen Mist auch noch reagieren und mich auf Idiotenniveau herablassen müsste. Geht in den Papierkorb und Ruhe is.

    „Arme Kinder sind genauso schlau und so talentiert wie weiße Kinder.“ :thumbup:

    US-Präsident Biden 2019 in einer Rede in Iowa,